Theresia Weber + Sebastian Mak
Theresia Weber und Sebastian Mak im Gespräch mit Studio Asam
„Verflochten“: Dieser Begriff steht nicht nur für die Arbeit, die Theresia Weber und Sebastian Mak mit ihren Händen verrichten, er beschreibt auch ihre eigene Lebensgeschichte. Die beiden lernen sich an der Staatlichen Berufsfachschule für Flechtwerkgestaltung in Lichtenfels kennen. Er beendet den letzten Jahrgang des Korbmachers, bei ihr heißt der Studiengang schon Flechtwerkgestaltung. Seitdem bearbeiten sie gemeinsam den Werkstoff Holz zu Produkten, die vollkommen natürlich wachsen und ohne Belastung der Umwelt auch wieder vergehen, wenn man sie lässt. Denn ansonsten sind diese Geflechte extrem dauerhaft.
Für das Flechten kann man ja theoretisch alle möglichen Hölzer verwenden. Bei euch ist es vor allem die Weide. Wie kam es dazu?
Weber: Die Weide ist unser Werkstoff. Sie wächst hier überall. Man kann ja auch Brombeere, Hartriegel oder Hasel nehmen, aber speziell die Weide ist dafür prädestiniert. Werkstoffe wie Rattan kommen von weit her aus Indonesien. Die werden in Diesel ausgekocht, damit sie nicht verschimmeln.
Das ist tatsächlich weit weg von einem so naturbelassenen Handwerk, wie die Flechtwerkgestaltung eines ist. Wie läuft der Arbeitsprozess bei Ihnen ab?
Weber: Wir ernten die Weiden im Winter während der Saftruhe. Sie trocknen dann mindestens ein Jahr. Um damit zu arbeiten, weicht man sie zwischen einer und sechs Wochen lang im Wasser ein. Es braucht viel Erfahrung, die richtige Weichzeit herauszufinden. Das ist ganz von Wassertemperatur, Wasserhärte, Weidenstärke und Weidensorte abhängig. Nach dem Einweichen werden sie gewaschen und trocknen ein paar Stunden. Nun sind sie weich bis zäh, sehr flexibel und können wunderbar geflochten werden. Das ist eine körperlich sehr fordernde Arbeit. Man braucht viel Kraft in den Händen. Es gibt Techniken, die vor allem die Handgelenke sehr belasten. Und das ist bei jedem Korb so, bei dem für 30 Euro aus dem Baumarkt, bei einem von uns. Beide hat ein Mensch mit seinen Händen geformt. Dafür gibt es keine Maschinen.
Mak: Wir verwenden nicht nur heimische Weiden, sondern kultivieren auf unseren Feldern auch welche aus anderen Ländern: Schweiz, Norwegen, England. Diese Pflanzen wurden jahrzehntelang gezüchtet. Sie sind je nach Jahrgang immer etwas unterschiedlich, weil sie ja auch auf die Umweltbedingungen reagieren. Dafür reagieren sie auch alle unterschiedlich auf das Raumklima, in dem sie sich dann als Produkt befinden. Sie duften nach Mandel, Weihrauch oder Honig.
Das Anfertigen von geflochtenen Gefäßen ist ein uraltes Handwerk. Es scheint sich nicht sehr stark verändert zu haben?
Mak: Nein, das hat es tatsächlich nicht. Vor kurzem wurde in der Judäischen Wüste ein Korb entdeckt, der schon 10.500 Jahre alt sein soll. Das ist ein großer Korb mit Deckel. Es ist faszinierend, was für eine ausgefeilte Technik es damals schon gab. In Afrika gibt es alte Flechtgefäße aus Hirsegräsern, in denen man sogar Wasser transportieren kann. Das Flechten scheint ein Prozess zu sein, der in uns liegt. Ich arbeite mit behinderten Menschen in einer anthroposophischen Werkstatt und habe begonnen, mit ihnen zu flechten. Die verstehen das so schnell, und dabei ist es ja nicht gerade einfach, weil man viel überkreuz denken muss. Zudem motiviert es auch, wenn sie sehen, was sie Runde für Runde schaffen.
Weber: Das Flechthandwerk besteht aus Techniken, die man auch nicht in drei Jahren an der Schule lernt. Die Burkina-Technik und die Perigod-Technik hat Sebastian erst nach seiner Schulzeit von anderen Flechtern gelernt.

Foto: verflochten
Es geht uns darum, dass die Dinge sich harmonisch einfügen. Sie sollen ergonomisch sein, sie sollen mit dem Körper funktionieren, statt sich vom ihm abzustoßen.
Diese Techniken sind nicht nur sehr alt, sie haben sich auch durchgesetzt, weil sie so beständig sind. Ihre Körbe sind für die Ewigkeit, insofern man sie nicht gewaltsam zerstört.
Weber: Ja, aber das ist auch so toll an diesem Material. Selbst wenn es kaputt ist, belastet es nicht die Umwelt. Theoretisch wirft man es auf den Kompost. Aber wir reparieren die Sachen auch einfach. Und manche setzen die Produkte auch absichtlich dem Wetter aus. Es ist ja ein interessanter Prozess, dabei zuzuschauen, wie die Sachen verwittern und sich verändern.
Mak: Ja, das ist wirklich interessant. Die Weide braucht zwar Wasser, um zu wachsen und um biegsam zu sein, aber dann gibt es den Moment, wo das Wasser sie auch wieder zerstört. Das ist ein Kreislauf, bei dem die Vergänglichkeit dazugehört.
Ein weiterer Kreislauf, in dem Sie sich befinden, ist der Diskurs zwischen dem Kunsthandwerk und der Kunst.
Mak: Da bin ich ganz klar: Ich bin Kunsthandwerker. Alles, was wir machen, können wir so nicht ein zweites Mal produzieren, weil das Material das gar nicht zulässt. Wir machen etwas mit der Hand, wir geben dem Handwerk die Form. Kunst ist so ein dehnbarer Begriff. Was bedeutet dieses Wort schon. Es kommt doch auch immer drauf an, wer das sieht. Wenn ich auf einer Baustelle arbeite und eine Flechtwand aufbaue, sagen die Handwerker: Das ist ja Kunst! Und ich sage dann: Das ist altes Flechthandwerk.
Weber: Ich finde, Kunst ist so ein großer Begriff. Ich mach meine Arbeit, weil sie mich erfüllt. Es ist eine Wohltat, Gegenstände zu schaffen, die einem Raum eine Geschichte geben, die jemand aktiv aussucht, weil sie ihm gefallen. Ich agiere aus einem Gefühl heraus. Für Kunst braucht man Zeit, das sind Prozesse, die dann ablaufen, denen man folgen muss. Das geht im Moment schon gar nicht, wir haben ja zwei Kinder.
Die Körbe und Taschen, die sie erschaffen, haben einen skulpturalen Charakter. Sie funktionieren auch, ohne dass sie eine Funktion erfüllen.
Mak: Ja, es geht um die Gestaltung eines Raums, des Volumens und der Form. Es geht mir darum, dass die Dinge sich harmonisch einfügen. Sie sollen ergonomisch sein, sie sollen mit dem Körper funktionieren, statt sich vom ihm abzustoßen.