Karin Traxler

Karin Traxler im Gespräch mit Studio Asam

Die Tabletts, die Karin Traxler herstellt, sind aus Papier. Dieser Werkstoff scheint auf den ersten Blick ganz ungeeignet für einen ständigen Umgang mit Lebensmitteln und Getränken. Aber das Papier, wie Karin Traxler es bearbeitet, ist nicht nur geduldig, sondern auch beständig. Die Tabletts haben zwei Seiten mit unterschiedlichen Designs. Sie eignen sich nicht nur zum Transport, sondern auch als Beistelltisch oder als gestalterisches Objekt.

 Ihre Tabletts sind grafisch so ausgewogen, dass man sie auch problemlos an die Wand hängen könnte.

Ich habe mich mit der Frage beschäfigt, was man auf ein Tablett stellt, und das ist meistens etwas Rundes. Die Kreissegmente laden zum Spielen ein. Die Leute sollen damit interagieren, denn die Oberfläche verändert sich, je nachdem wo man seinen Becher hinstellt. Ich möchte, dass die Menschen meine Sachen benutzen. Sie sollen sich die schönen Dinge in den Alltag holen und täglich damit leben.

Wie schaffen Sie es, dass die Tabletts so robust sind?

Der Boden ist aus einer MDF-Platte und der Rand aus dünnen, gewickelten Pappstreifen. Darauf kommt eine Grundierung, und danach wird mit verschiedenfarbigen Japanpapieren kaschiert. Ich kann dadurch nahezu jede Größe herstellen. Dann werden sie mehrfach lackiert, und so sind sie auch beständig gegenüber Flüssigkeiten. Mir ist klar, dass sich dadurch die Haptik der Oberfläche verändert, aber hier muss ich diesen Kompromiss eingehen.

Papier ist ein Werkstoff, der uns täglich umgibt und viele Einsatzmöglichkeiten hat. Wie sind Sie zur Buchbinderei gekommen?

Ich habe zwei Buchbinderinnen während des Studiums kennengelernt, in der Papierwerkstatt in der Theresienstraße. Ich brauchte einen Job, weil ich mich finanzieren musste. Die Werkstatt befindet sich in einem 125 Jahre alten Münchner Loft im Hinterhof, und ich hatte sofort den Wunsch hierzubleiben. Für mich roch das sofort nach Abenteuer und Freiheit.

Und Ihr Studium?

Das habe ich natürlich beendet. Das Studium hat mir immensen Spaß gemacht, wenn ich es mir auch anfangs eigentlich nicht zugetraut habe. Zumindest die gestalterischen Aufgaben haben mich begeistert. Schon da fand ich es reizvoll, Probleme zu lösen. Die Kreativität setzt da ein.

Mich interessiert dabei aber immer auch der praktische Nutzen, ohne die Poesie zu verlieren. Papier steht für Farbe, als Symbol für Lebensfreude und Muster, als Rhythmus dazu.

In gewisser Weise setzen Sie dieses Wissen auch mit dem Papier um.

Ja, ich mache Schachteln und Tabletts, um den Raum, in dem man sich befindet, zu gestalten, um Dinge unterzubringen oder Funktionen zu erfüllen. Es geht um eine Auseinandersetzung mit Proportion. Es geht um die Idee und welchen Weg ich bis zum Ziel gehen muss. Sowas vermittelt einem das Studium. Natürlich habe ich mich gefragt, ob ich jetzt ein schlechtes Gewissen haben muss. Aber manchmal führt eben der Umweg zum Ziel. Und jetzt bin ich glücklich über handwerkliche Arbeit und darüber, nachhaltige Einzelstücke für individuelle Menschen und Zwecke herstellen zu können, auch wenn das sehr exklusiv ist.

So empfinden Sie das?

Natürlich. Was ich mache, ist Luxus, den es auch zu einem billigeren Preis gäbe. Andererseits ist aber der Ausdruck, den ich wähle, einzigartig. Es inspiriert die Menschen und tut ihnen gut. Und es gefällt mir, wenn ich den Leuten eine Freude machen kann und etwas in ihnen auslöse.

Sie haben ja 21 Jahre einen Laden betrieben: die vier werkstätten.

Ja, dieses Projekt beruhte auf der Solidarität von Frauen und vor allem von Müttern, die gemeinsam einen Laden betreiben. Nachdem ich Familie gegründet und zwei Kinder bekommen habe, musste ich für mehr Sicherheit sorgen. Die Devise war: raus aus dem Hinterhaus, raus aus dem Souterrain oder dem Vorort auf dem Land. Mit genügend Mitbetreibern reicht eine Ladenpräsenz von einem Tag, der Rest ist dann für die Werkstatt und/oder Familie. Ich wollte leichter Geld verdienen, ohne noch einen ganz anderen Nebenjob machen zu müssen.

Beschäftigen wir uns zum Schluss nochmal mit Ihrem Werkstoff: Was fasziniert Sie am Papier?

Ich liebe Papier, weil es so alltäglich ist. Man kann z.B. mit Zeitung oder Obstüten arbeiten, es braucht keine Maschinen, mit Reißen oder Falten können tolle Gebilde entstehen. Mich interessiert dabei aber immer auch der praktische Nutzen, ohne die Poesie zu verlieren. Papier steht für Farbe, als Symbol für Lebensfreude und Muster, als Rhythmus dazu. Durch den Scherenschnitt entstehen ganze Bilder und Geschichten, und das alles mit dem “billigen“ Material. Meine Arbeiten entstehen meist mit Japanpapier. Ich habe eine große Ehrfurcht vor der ausgeprägten Tradition und Kultur der Japaner für dieses Material. Aber auch die Leichtigkeit der islamischen Kultur in der Architektur und den geometrischen Mustern in den Fliesen und Wandgestaltungen, die jede Schwere auflösen, bewundere ich sehr.

Das Material ist natürlich das eine, die Technik das andere.

Die klassische Berufsausbildung für Arbeiten mit Papier ist vielleicht die des Buchbinders oder Verpackungsdesigners. Aber meine Vorlieben für die großen Boxen oder Tabletts hätte ich dort nicht entdeckt. Auch nicht die Auseinandersetzung mit Oberflächenbehandlung. Der Vorteil am autodidaktischen Arbeiten ist das Experimentelle. Und wenn man das Ziel vor Augen hat, findet man den Weg dahin. Das Material sagt einem schon, was es kann oder mag.