Birgitta Schrader
Birgitta Schrader im Gespräch mit Studio Asam
Das Porzellan, das Birgitta Schrader erschafft, ist klar in seiner Form. Es ist befreit von allem, was es nicht braucht, und definiert sich über seine Funktionalität, seine Haptik und die Farbigkeit. Die Farbpalette, die Birgitta Schrader entwickelt hat, ist farbenfroh aber trotzdem nicht aufdringlich. So durchdacht wie die Farben sind auch die Formen, welche dazu einladen, mit der eigenen Hand darüber zu streichen. Ein Gespräch über den spannenden Weg, der zu diesem wunderschönen Geschirr geführt hat.
Beginnen wir am Anfang: Wie sind Sie zur Keramik gekommen?
Mit 16 Jahren musste ich in Mainz eine Ausbildung machen, die mir aber überhaupt keinen Spaß gemacht hat. Ich bin danach nach München gezogen. In den 70er/80er Jahren gab es auch schon einen riesen Hype um die Keramik. Ich habe dort Petra Kammerer kennen gelernt. Sie ist Malerin und hat damals auch Keramik gemacht. Sie hat so fantastisch gedreht. Bei ihr war ich 2,5 Jahre Praktikantin. Danach bin ich in die USA gegangen und habe an einer Designschule Keramikkurse belegt, in denen ich Skulpturen gebaut habe. Mit denen habe ich mich dann wiederum in München an der Akademie beworben.
Wie haben Sie das Studium erlebt?
Das war schon was anderes. Ich habe fünf Jahre in der Keramikklasse gelernt, dabei war die Keramik da gerade völlig verpönt. Alle sind immer weiter weg vom Ton, haben andere Materialien ergänzt oder gleich Videokunst gemacht.
Das Geschirrthema hat Sie aber weiter begleitet?
Tatsächlich hat mich das schon als Studentin gestört, so ein zusammengewürfeltes Service zu haben. Ich habe immer Teller gedreht, aber die sind dann auch Stück für Stück wieder kaputt gegangen. Ich habe ja hauptsächlich Skulpturen aufgebaut. Als die Kinder kamen, war ich viel daheim und hatte nicht mehr so viel Zeit. Dort habe ich mir eine Miniwerkstatt eingerichtet und wieder mit dem Geschirr experimentiert. Es war ein Tasten und Schauen nach der Frage: Was interessiert mich am Geschirr? Es wurde immer puristischer, immer strenger. Ich habe die Glasuren weggelassen und Engobe aufgetragen und das dann poliert. Dann ist mir klar geworden, dass ich Porzellan imitiere.
Porzellan ist in der Bearbeitung doch anders als Ton.
Ich habe in der Schweiz eine Weiterbildung gemacht und dort mehr über die Gießtechnik und das Einfärben gelernt. Danach habe ich komplett aufgehört zu drehen und bin zum Gießen übergegangen.
Sie benutzen Porzellan aus Frankreich.
Alle Rohstoffe stammen aus der Gegend um Limoges, wo es eine jahrhundertealte Porzellantradition gibt. Dort wird Weichporzellan verkauft, welches nicht so hoch gebrannt wird, bis 1260 Grad. Ich mag das Porzellan, denn es ist klar und durchscheinend und trotzdem robust. Die weiche Farbe, die es hat, passt sehr gut zu meiner Farbpalette.

Das Geschirr sollte eine Emotionalität haben und trotzdem klar in der Form sein.
Wie gehen Sie vor, wenn Sie Geschirr herstellen?
Mit der Gießtechnik wird schon seit Jahrhunderten überall in Europa Porzellan hergestellt. Das ist der vorindustrielle Ansatz, auf Masse zu gehen. Ich habe Gipsformen von all meinen Tellern, Bechern und Schalen. Das Porzellan hat eine sahneartige Konsistenz und wird eingegossen, bis die Form randvoll ist. Ich bewege die Form auf einer Ränderscheibe, damit sich die Masse nicht entmischt, und die Oberfläche gleichmäßig bleibt. Der Gips entzieht der Masse das Wasser, und es bildet sich eine Porzellanhaut. Wenn diese die richtige Dicke hat, schüttet man die überschüssige Masse wieder ab. Ich stehe da mit der Stoppuhr, denn jede Form hat ihre eigene Zeit.
Der Arbeitsaufwand, den Sie für einen Becher betreiben, ist enorm.
Da hört es ja nicht auf. Die Formen stehen über Nacht und dann hole ich das Gefäß aus der Gipsform. Das Porzellan hat zu diesem Zeitpunkt einen lederharten Zustand, es ist nicht mehr weich, aber auch noch nicht hart. Ich säubere den Rand, damit er nicht ausfranst, und dann trocknen die Gefäße weitere ein bis zwei Tage. Dann schleife ich den Rand nochmal, und alles kommt in den ersten Brand. Porzellan verliert beim Brand etwa 17 Prozent an Größe. Dann schleife ich die Gefäße mit nassem Schleifpapier, dann werden sie wieder getrocknet, dann kommt Schellack auf die Flächen, auf denen die glänzende Glasur nicht haften soll. Das trocknet wieder. Dann kommt der Glasurbrand, und danach werden alle Teile auf der Drehscheibe nochmal poliert. Ich nehme jedes Teil neunmal in die Hand, bis ich es verkaufen kann.
Da bekommt der Begriff handgefertigt eine ganz neue Dimension, wenn Sie das so beschreiben. Die Gipsformen, die Sie verwenden, sind nach Ihrem Design gefertigt. Wie haben Sie die Formen entwickelt?
Dieser Prozess hat eigentlich schon begonnen, als ich das Geschirr noch gedreht habe. Erst habe ich immer mehr weggelassen. Und dann habe ich diese leichten Rundungen hinzugefügt. Das Geschirr sollte eine Emotionalität haben und trotzdem klar in der Form sein.
Sie haben eine wunderbare Farbpalette für ihr Geschirr entwickelt. Da sind viele Farben, die aber wunderbar miteinander harmonieren.
Mein Porzellan ist durchgefärbt. Das ist keine Farbe, die am Schluss draufkommt. Die Farbe steckt von Anfang an mit drin. Als ich diese Farbpalette vor 11 Jahren entwickelt habe, gab es sowas noch nicht. Jetzt finde ich diese Kombinationen überall.
Sie hatten schon früh ein Gespür für den Zeitgeist im Wohndesign. Ihre Form- und Farbgebung haben Sie vor einem Jahrzehnt fertig geplant. Ihre Arbeit ist sehr handwerklich.
Ich muss sagen, dass es zwar viel Arbeit ist, sie mir aber auch viel Spaß macht und mich ausfüllt. Um weiterhin kreativ sein zu können, entwickle ich immer wieder mal neue Formen und zu Ausstellungen biete ich meinen Kund*innen gerne eine Special-Edition, indem ich neue Farben entwickle. Es ist auch grundsätzlich toll, ein Produkt zu kreieren, was solche Reaktionen beim Publikum auslöst: Die Kunden strahlen, wenn sie das Porzellan in die Hand nehmen.