Barbara Butz

Barbara Butz im Gespräch mit Studio Asam

Die Schalen und Teller von Barbara Butz funktionieren auf vielfältige Weise; vertikal auf dem Tisch oder horizontal an der Wand. Und damit schlägt Barbara Butz dem Dilemma, das sich dem Kunsthandwerk so oft entgegenstellt, ein Schnippchen: Sie löst die Hemmschwelle vom Nicht-Berühren und damit zur „Kunst“ auf und übergibt die Entscheidung über die Einordnung – Bild oder funktionales Geschirr – denjenigen, die ihre Arbeiten mit nach Hause nehmen.

Barbara Butz studierte Malerei bei Prof. Rudi Tröger an der Akademie der Bildenden Künste in München, arbeitete neun Jahre in der Keramikwerkstatt von Nandl Eska, machte ihre Staatsexamen als Gymnasiallehrerin und ihr Diplom als Malerin und Graphikerin. Seit 1990 ist sie freischaffend tätig.

Beginnen wir doch am Anfang. Sie kommen aus einem Künstlerhaushalt.

Mein Vater, Heinz Butz, ist Maler und war Professor für Kunstpädagogik an der Akademie der bildenden Künste München. Meine Mutter studierte auch an der Akademie, hatte eine Lehrtätigkeit für Baugeschichte und war bildnerisch tätig. Ich bin in München in der Barer Straße aufgewachsen. Die Pinakotheken waren meine Nachbarn, und für mich bestand die Menschheit aus jungen Studenten. Als ich mit 30 Jahren nach Bamberg gezogen bin, veränderte sich meine Weltsicht. Ich gründete meine Werkstatt. Unsere Tochter Anna kam auf die Welt, 6 Jahre später Lioba. Jetzt lebe ich im Oberland. Für mich anfangs unvorstellbar! Aber das Licht, die Farbigkeit, das Moorige, das Blaue, die Berge: Ich verstehe, warum der Blaue Reiter hier tätig war.

Wie haben Sie die Zeit an der Akademie erlebt?

An der Akademie hatte ich den Freiraum, alles auszuprobieren. Ich wollte die verschiedenen Werkstätten kennen lernen, liebte das Naturstudium, das sich Auseinandersetzen mit dem Gegenüber. Der Diskurs mit den Studierenden war immer spannend. Es gab Phasen des Anlehnens an gängige Kunstströmungen, aber auch deren Ablehnung; das Entdecken der Kunstgeschichte und der Philosophie. Diese Phase des sich selbst Kennenlernens war sehr spannend. Seinen eigenen Stil zu akzeptieren, war nicht immer leicht, sich der Kritik oder gar dem Zynismus zu widersetzen, muss auch gelernt werden. Es barg Konflikte, aber es stärkte mich auch. Denselben Prozess konnte ich an meiner Tochter, die jetzt auch am Ende ihres Studiums steht, beobachten.

Wie sind Sie zur Keramik gekommen?

Die Masse Ton, das weiche, leicht verformbare Material, hat mich schon als Kind fasziniert. Ich durfte mit 9 Jahren an die Drehscheibe, und anschließend wurden die Gefäße gebrannt. Aus der Formlosigkeit eines solchen Batzens etwas zu modellieren, zu sehen wie so etwas Gestalt annimmt, lässt mich staunen.

Bevor Sie an die Akademie gegangen sind, haben Sie in der Keramikwerkstatt von Nandl Eska gearbeitet.

Ja, dort absolvierte ich mein Praktikum, aber das war keine Keramikausbildung. Neben den handwerklichen Erkenntnissen war die Arbeit geprägt von bildnerischen formalen Aspekten. Es ging immer um die gute Form: die Klarheit in Form eines Gebildes. Anfangs war es nicht leicht, seine Vorstellungen mit dem Material und dessen Eigenheit zu verwirklichen. Auch die Glasurfarben entsprachen nur bedingt meiner Vorstellung.

Trotzdem haben Sie an der Akademie Malerei studiert.

Die Malerei, die Freude an der Farbe treiben mich immer noch an, geben mir den Arbeitsimpuls. Ein Gefüge der Farbklänge zu schaffen, ist ein spannender Prozess. Die Mischung von farbintensiven und stumpfen Farben beinhaltet stets ein Thema und eine Aussage. Es entstehen Bildräume, unerschöpflich und immer wieder aufs Neue. In der Malklasse bei Professor Tröger war diese Auseinandersetzung möglich, denn er entwickelte sein Sujet aus einem Konglomerat verschiedenster Farbtongeflechte.  Das Thema Farbe ist für mich mehr denn je in der Keramik präsent und wird sogar noch erweitert durch das Material Glas, was noch eine intensivere Strahlkraft ermöglicht.

Spannend ist das Zueinander, Nebeneinander, Übereinander, ein sich gegenseitiges Beeinflussen. Geschirr ist ein Zusammenstand von großen und kleinen Teilen, funktional durchdacht und ausgeklügelt, ein System.

Sie sind danach wieder zum Geschirr zurückgekehrt.

Zum herkömmlichen Geschirr nicht. Ich sehe die Schale oder den Teller als einen Farbträger, flach oder gewölbt. Allein dies verändert schon die Farbqualität.  Ob die Fläche matt oder glänzend ist, gibt der Fläche einen anderen Charakter. Die Form und Größe einer Farbfläche haben auch ihre Bedeutung. Spannend ist das Zueinander, Nebeneinander, Übereinander, ein sich gegenseitiges Beeinflussen. Geschirr ist ein Zusammenstand von großen und kleinen Teilen, funktional durchdacht und ausgeklügelt, ein System. Diesem Aspekt gewinne ich gerne etwas ab und dem Aspekt des direkten haptischen Kontaktes. Die Fläche, den Teller oder die Schale gebrauchen zu können, finde ich wunderbar. Ich darf sie mit der Hand berühren, auf der Fläche Speisen präsentieren oder sie distanziert optisch an der Wand im Sinne eines Bildes bewundern – das erfreut mich.

Welche Quellen der Inspiration begleiten Sie?

Meine Eltern sammelten afrikanische, japanische und zeitgenössische Keramik. In der Galerie bei Fred Jahn waren viele japanische Keramiker regelmäßig vertreten. Der direkte Kontakt zu den Künstlern war sehr impulsgebend. Genauso wie die Extravaganz des Porzellans in der Schlosskultur. Aber auch meine heutigen Kolleg*innen, im Besonderen die koreanische Porzellankultur, inspirieren mich. Das ist für einen Schaffensprozess immer eine Erweiterung. In der Ausstellung mit dem Titel „Lust auf Lustheim – Meißen inspiriert Moderne Keramik“, im Schloss Lustheim in Oberschleißheim bei München hatte ich die Möglichkeit, mich zu den Beispielen der Meißner Farbklänge dazu zu gesellen. Die typischen Farben, Seladon, Purpur, Gelb, Rot, haben meine Farbtonskala erweitert und in einen neuen Kontext gebracht. Und das ist ja immer grandios.

Wie sieht Ihr Arbeitsprozess aus?

Ich denke nicht in Serie, ich beherrsche das Handwerk, aber ich reproduziere bewusst nicht immer die gleiche Form. Ich beginne wie ein Zeichner mit einer gewissen Zielvorstellung, folge meinem Tageszustand, der oftmals die Formsprache bestimmt, eng – geschlossen, weit – geöffnet oder groß – klein. Das ist ein fließender Prozess, der dann im Moment des Loslassens endet, wenn alles in den Ofen kommt. Dann kann ich es nicht mehr kontrollieren.

Ähnlich ist es auch bei der Farbgebung, beim Glasieren. Eine innere Farbvorstellung, ein Bild, bestimmt den Glasurprozess. Pastell abgetönt oder die reine Grundfarbe? Die Farbe sieht man ja erst nach dem Brennen. Es braucht Geduld und fordert viel Toleranz. Die weitere kompositorische bildnerische Gestaltung ist letztlich erst möglich, wenn es eine große Fülle an Einzelteilen gibt.

Und wenn es nicht funktioniert?

Dann lasse ich es erstmal stehen. Und nach einer Zeit fällt mir auf, was da nicht funktioniert. Fehler bringen einen weiter. Das Unerwartete treibt die Entwicklung voran.

Ihre Schalen und Teller sind vielseitig einsetzbar. Sie selbst präsentieren Teller auf dem Tisch und an der Wand.

Ja, dieser Wechsel geht wirklich reibungslos. Die Wand bleibt der Bildhaftigkeit vorbehalten, der Tisch hat natürlich eine funktionale Seite, gleichzeitig ist er auch horizontale „Leinwand“. Man kann dort die Farbpunkte, das Geschirr verdichten, auseinanderziehen, aufeinanderstellen und akzentuieren. Dadurch entsteht eine dynamische Bildsprache. Zudem tritt das Geschirr in einen Dialog mit den Lebensmitteln, die darauf präsentiert werden. Eine gegenseitige Wertschätzung, die spielerisch Freude bereitet.  

Vita
1980 - 1989
1980 - 1987
1986
1988
1989
seit 1990
1991 - 1993
1995 - 1996
seit 2004
seit 2009
2014
Mitarbeit und freie Arbeit in der Keramikwerkstatt von Nandl Eska, München
Studium der Malerei an der Akademie der Bildenden Künste, München bei Prof. Rudi Tröger
Erstes Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien
Diplom für Malerei und Graphik
Zweites Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien
Mitglied im BBK, Berufsverband Bildender Künstler, München
Lehrauftrag an der Universität Bamberg, plastisches Gestalten (Keramik) am Lehrstuhl für Kunstpädagogik und Kunstdidaktik
Förderung nach dem Hochschulprogramm des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst
Mitglied der GEDOK, München
Mitglied des Bayerischen Kunstgewerbe-Verein, München
Danner-Ehrenpreis 2014
Ausstellungen
2018
2019
2020
2020
2021
2021
Farbe, Galerie Rosemarie Jäger, Hochheim
ALLES RUND – Punkt Kreis Kugel, Galerie Handwerk, München
Es grünt, Galerie Handwerk, München
Danner-Preis 2020, Die Neue Sammlung, Pinakothek der Moderne in München
CoWorking, Bayerischer Kunstgewerbeverein, München
Lust auf Lustheim, Schloss Lustheim
Arbeiten im öffentlichen Raum:
2008
2008
2013
Mariae Sieben Schmerzen, München
Doninikuszentrum, München
Sankt Mauritius, München